Die Renaturierung des Lindenweihers

Teil 1   (1992 bis 1999)

Der mitten im Stadtteil Finkenkrug gelegene Lindenweiher – landschaftliches Kleinod und wichtiges Biotop inmitten eines Wohngebietes stand 1989 kurz vor dem ökologischen Kollaps. Die grobe Vernachlässigung der Gewässerpflege und der Missbrauch als Deponie für Abfälle, Unrat und Laub bewirkten eine zunehmende Verlandung und die drohende Vernichtung des Lebensraumes für viele seltene Pflanzen und Tiere. Ziel der am 28.01.1992 gegründeten Bürgerinitiative Lindenweiher war es, den Lindenweiher mit seinem Artenreichtum zu retten und zu renaturieren, d.h. den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Dazu wurde zunächst ein Dringlichkeitsplan mit folgenden Punkten erarbeitet:

  • sofortiger Stop jeglicher Ablagerung von Müll, Unrat und Laub, sowie der Einleitung von Fäkalien.
  • Sicherung der Uferzonen
  • Entschlammung der z.T. verlandeten Abschnitte im östlichen Bereich
  • behutsame Säuberung des Schilfgürtels
  • Auslichtung des Baumbestandes zur Gewährleistung der unbedingt erforderlichen Sonneneistrahlung
  • und als wichtige Voraussetzung für eine Renaturierung – die sofortige Unterschutzstellung des Gewässers und seines Umfeldes.

Für die Umsetzung dieser Ziele und die weiteren Planungen wurden monatliche Treffen und regelmäßige Arbeitseinsätze vereinbart. Eine der ersten Maßnahmen war der Bau von Palisaden, die ein Befahren der Uferzonen mit Kraftfahrzeugen verhindern sollten. In den weiteren Wochen wurden große Mengen Müll aus dem Weiher und dem Umfeld gesammelt und entsorgt. Ein kleiner Anfang, der das Gewässer aber noch nicht retten konnte.

Nach langen Verhandlungen und nachdrücklichen Forderungen gelang ein erster großer Erfolg. Am 01.07.1992 wurde der Lindenweiher von der unteren Naturschutzbehörde zum „geschützten Landschaftsbestandteil“ erklärt. Damit war endlich eine Handhabe gegen Umweltfrevler gegeben. Ebenfalls Mitte des Jahres erhielt die Bürgerinitiative Lindenweiher eine Spende von 10.000 DM von der Firma Eier-Liebig. Damit war eine erste finanzielle Grundlage für die notwendigen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen gegeben.

Ab 1993 gelang es eine ABM-Stelle für das Projekt Lindenweiher einzurichten, die die Koordinierung zwischen Bürgerinitiative, Stadtverwaltung und Naturschutzbehörde, übernahm. Auch wurde deutlich, dass eine sinnvolle und zweckmäßige Renaturierung nur erfolgen kann, wenn ein Konzept vorliegt, dass auf wissenschaftlichen Untersuchungen basiert. Deshalb erhielt das Büro für Landschaftsplanung-und Architektur „Schulze und Partner“ den Auftrag, eine Voruntersuchung zur Renaturierung des Weihers anzufertigen. Das Ergebnis wurde im September vorgestellt und lautete: „Der Lindenweiher ist absolut erhaltungs- und förderungswürdig“. Dieses Gutachten bestärkte die Bürgerinitiative in ihrer Arbeit und war fortan Leitfaden für die weiteren Maßnahmen.

1994 wurde ein Lageplan in Auftrag gegeben. Ende des Jahres wurde dann ein 790 Meter langer Weg um den Weiher fertig gestellt. Damit erfüllte die Bürgerinitiative eine wichtige Empfehlung aus der Voruntersuchung zur Renaturierung, wonach zum Schutz des Uferbereiches und der dort lebenden und vom Aussterben bedrohten Tiere eine neue Wegeführung mit einer wassergebundenen Oberfläche vorgeschlagen wurde. Diese Arbeiten konnten mit Fördermitteln des Ministeriums für Naturschutz Umwelt und Raumordnung des Landes Brandenburg finanziert werden. Wichtige Voraussetzungen für die Realisierung dieser Fördermaßnahmen waren konkrete Planungen, Kostenermittlungen und vorbereitende Arbeiten durch die Mitglieder der Bürgerinitiative.

Auch 1995 wurden weitere Arbeitseinsätze organisiert. So erfolgte eine ergänzende Bepflanzung mit artgerechten Gehölzen welche die am Biotop befindlichen, auf der Roten Liste des Landes stehenden Pflanzen besser schützen sollten. Naturschutz und steigende Besucherzahlen konnten damit in einem akzeptablen Kompromiss zusammengeführt werden. Schwerpunkte des Naturschutzes im Jahre 1995 waren Böschungsbefestigungen, die an einigen stark abgeschwemmten Abschnitten weitere Bodenerosionen verhindern sollten. Um die Besucher mit den Besonderheiten der vorhandenen Pflanzen, insbesondere der Gehölze vertraut zu machen, wurde am nördlichen Ufer ein Naturlehrpfad mit entsprechender Beschilderung angelegt. Außerdem wurde eine größere Anzahl von Vogelnistkästen angefertigt und an geeigneten Stellen befestigt.

Für die zukünftige Arbeit der Bürgerinitiative wurde im Frühjahr 1995 eine Resolution zur Renaturierung mit folgendem Ziel beschlossen: Wiederherstellung eines durchgehenden Wasserlaufes von der Feuerbachstraße bis zur Rembrandtstraße, damit in Zukunft eine optimale Regulierung des Wasserstandes – insbesondere bei Hochwasser – zum Erhalt des Biotops gewährleistet wird. Die dazu notwendigen Maßnahmen umfassen:

  1. Der verschüttete Ostteil zwischen Feuerbachstraße und Karl-Marx-Straße muss bis zum Grundwasser ausgebaggert werden.
  2. Der kurze Teil von der Karl -Marx – Straße bis zu langen Teil an der Leistikowstraße muss entschlammt werden.
  3. Der zugeschüttete Teil zwischen dem langen und dem runden Teil muss ebenfalls ausgebaggert und dabei auftauchender Schutt entsorgt werden. Danach sollte wieder eine Holzbrücke als Übergang vom Waldwinkel zum Südufer errichtet werden.

1996 beschoss die Stadtverordnetenversammlung die „Satzung zum Schutz des Lindenweiher“ als geschützten Landschaftsbestandteil der Stadt Falkensee (https://www.falkensee.de/ratsinfo/rechtsgrundlagen/1/36070/satzung-zum-schutz-des-lindenweiher.html). Damit wurde die vorläufige Verfügung aus dem Jahr 1992 aufgehoben und das Biotop endgültig unter Schutz gestellt. Diese Satzung wurde gemeinsam vom Grünflächenamt Falkensee, der unteren Naturschutzbehörde, den Umweltschutzverbänden und der Bürgerinitiative Lindenweiher erarbeitet und enthält alle wichtigen Ver- und Gebote, um den Lindenweiher zu schützen.

Ein großer Erfolg für die Bürgerinitiative war die Beschlussfassung der Stadtverordneten, für das Gebiet am Waldwinkel einen „Bebauungsplan Lindenweiher“ aufzustellen, der zunächst eine Veränderungssperre enthält und das Gebiet als Grünfläche ausweist. Ausschlaggebend für den Erhalt des Naturzustandes waren die, von der Bürgerinitiative eingebrachten Gutachten und Einwände. Im naturschutzfachlichen und ökologischen Gutachten der Universität Potsdam wird u.a. festgestellt, dass der Lindenweiher und sein Umfeld zu den stark gefährdeten Biotopen im Land Brandenburg gehört. Die hier anzutreffende Vielfalt an seltenen Tieren und Pflanzen ist ein einem Stadtgebiet mit geschlossener Bebauung als sehr außergewöhnlich und erhaltenswert anzusehen. Einige der über 200 Tier- und Pflanzenarten gelten nach der Bundesartenschutzverordnung als vom Aussterben bedroht und stehen auch auf der Roten Liste Brandenburgs.

1997 gelang mit der beginnenden Entschlammung ein großer Durchbruch. Als Ausgleichsmaßnahmen im Straßenbau wurden vom Brandenburgischen Straßenbauamt Mittel zum Ausbaggern des fast völlig verlandeten östlichen Teils zwischen Karl-Marx-Straße und Leistikowstraße bereitgestellt. Im Verlaufe der Arbeiten wurden ca. 1000m³ Schlamm und Unrat aus dem Gewässer entfernt und die ursprünglich vorhandenen kleine Insel mit Baumbestand wieder hergestellt.

Um die Vielfalt der im Gebiet des Lindenweihers anzutreffenden Vögel zu dokumentieren beauftragte die Bürgerinitiative Lindenweiher einen Experten mit der Brutvogelkartierung. Von ihm wurden insgesamt 39 Brutvogel und 5 Gastvogelarten gezählt. In der Beschreibung heißt es:

„In Bezug auf die Flächengröße weist das Untersuchungsgebiet eine vergleichsweise hohe Artenvielfalt und Brutdichte auf.“ Weiter heißt es :….eine reichhaltige Vogelwelt unterstreicht die Bedeutung des geschützten Biotops Lindenweiher mit den angrenzenden Wald -und Gartenparzellen.“

Nach den Ausbaggerungsarbeiten standen die verschiedenen Wasserflächen noch in der Entwicklung und es konnten sich neue Vogelarten ansiedeln. Übrigens wurde auch der sehr seltene Eisvogel schon mehrfach am Lindenweiher beobachtet.

Ebenfalls im Jahre 1997 begann eine limnologische (binnengewässerkundliche) Charakterisierung des Biotops Lindenweiher durch die Arbeitsgruppe „Stoffdynamik im Geosystem“ der Universität Potsdam. Dieses Projekt sah eine Laufzeit von 3 Jahren bis Anfang 2000 vor. Jeweils im Dezember der Jahre 1997 und 1998 erstellte die Universität Zwischenberichte.

Ziel der Untersuchung war:

  1. Einschätzung des trophischen (nährstofflichen) Zustandes und des Nährstoffpotential des Gewässers.
  2. Abschätzung der Möglichkeiten einer trophischen Strukturverbesserung (Trophiesenkung,) d.h. Senkung des Nährstoffgehaltes bei dem vorhandenen Nährstoffpotential.
  3. Bestimmung der wichtigsten Nährstoffquellen und der damit verbundenen Prozesse, die im Wasserkörper wirksam werden.
  4. Ermittlung der Möglichkeiten der Senkung des Nährstoffimportes, eines Nährstoffexportes, einer Verringerung des Nährstoffkreislaufes im Gewässer und einer einmaligen Nährstoffentlastung.
  5. Einschätzung der Anwendbarkeit bekannter Sanierungsverfahren für Gewässer.

1998 wurde der völlig verschüttete östliche Teil zwischen Feuerbach- und Karl-Marx-Straße teilweise wieder hergestellt. In diesem Bereich ist ein Sammelbecken für den Einlass der Straßenkanalisation aus dem Bereich Böcklin-/Feuerbachstraße geschaffen worden. Gleichzeitig wurde unter der Karl-Marx- Straße ein Rohrkanal zum Abfluss in den bereits sanierten Teil angelegt. Dieser bewirkt, dass ein Teil des Regenwassers der betreffenden Straßen in den Weiher geleitet wird. Dort sorgt es für einen höheren Pegel und muss nicht in die kostenintensive Kanalisation geleitet werden. Alle Zuläufe der Straßenentwässerung, die ursprünglich in den Weiher mündeten und für einen kontinuierlichen Wasserstand im Gewässer sorgten, wurden jahrzehntelang nicht gepflegt und waren völlig verstopft. Ein großer Teil konnte durch Rohrspülungen wieder funktionstüchtig gemacht werden.

Im Frühjahr 1999 wurden weitere Empfehlungen zur Renaturierung umgesetzt. Das 300 Meter lange Teilstück zwischen Leistikow- und Max-Klinger-Straße. auch langer Teil genannt, konnte ebenfalls durch Ausgleichsmittel des Brandenburgischen Straßenbauamtes renaturiert werden. Die Reduzierung der Schlammschicht erfolgte nicht durch Ausbaggern, wie am östlichen Teil, sondern hauptsächlich durch Entfernung der Feststoffe und Zuführung von Sauerstoff. Im Vorfeld wurden auf Empfehlung der Universität Potsdam Bäume und Sträucher im Uferbereich ausgelichtet. Möglichst viel Sonnenlicht ist die Voraussetzung für ein intaktes Leben im und am Gewässer. Regelmäßige Gehölzauslichtungen müssen erfolgen, denn die Wissenschaftler empfehlen noch mehr Sonnenlicht für diesen relativ schattigen Teil. Hier muss ein gesundes Gleichgewicht zwischen Baumbestand und gesundem Gewässer gefunden werden.      

Schau Dir an wie es weitergeht. Die Renaturierung Teil 2: https://lindenweiher.de/die-renaturierung-teil-2-2000-2017/